Soziale Kompetenz und Schwächen und Stärken
Vera Birkenbihl, eine großartige Frau, die leider schon verstorben ist, hat einmal einen interessanten, symbolischen Vergleich gebracht: Wenn das Unterbewusstsein eine Größe von 11km hat, dann hat die bewusste Wahrnehmung eine Größe von 11mm. Das heißt nicht, dass die bewusste Wahrnehmung klein ist, sondern es bedeutet, dass das Unterbewusstsein unvorstellbar groß ist. Es ist riesig. Es bedeutet auch, dass wir mit unserer Taschenlampe der bewussten Wahrnehmung auf einen winzigen Teil unseres Unterbewusstseins leuchten. Wenn Sie aus dem Keller ein Eis holen wollen und im Keller nicht mehr wissen, was Sie dort wollten, dann haben Sie unterwegs mit Ihrem Bewusstseinslämpchen auf eine andere Stelle geleuchtet, Sie haben unterwegs etwas anderes Gedacht. Nun wissen Sie nicht mehr, wo die Stelle war mit dem Eis. Vielleicht kommen Sie noch drauf, vielleicht müssen Sie auch unverrichteter Dinge zurück gehen und bekommen kein Eis.
Was hat das nun mit der Arbeitswelt zu tun?
Wenn Sie in einem Vorstellungsgespräch eine spezialisierte Fachfrage stellen, dann ist es möglich, dass der Bewerber sich sehr gut auskennt, aber er hat sich seit einem halben Jahr mit dem Thema nicht mehr beschäftigt, und es ist gerade nicht in seinem Fokus, nicht in seinem Bewusstsein. Er wird Ihnen die Frage dann nicht beantworten können. Würden Sie ihm die gleiche Frage eine Stunde später stellen, könnte er Ihnen möglicherweise sehr viel darüber erzählen. Sind Sie sich dieses Mechanismus bewusst, können Sie Fragen so stellen, dass Sie nutzbare Antworten erhalten.
Einem Mitarbeiter, der Schlimmes bei einem vorherigen Arbeitgeber erlebt hat, merkt man sein Erlebnis nicht an, es sei denn, Sie bringen ihn in eine gleiche Situation. Dann zwingen Sie ihn, mit seinem Bewusstseinslämpchen dorthin zu leuchten, und dann kann der Mitarbeiter ausgesprochen energisch und abwehrend reagieren. Für Sie kann das dann aussehen, wie ein Gewitter aus heiterem Himmel.
Eine gute Führungskraft kennt diese Mechanismen. Sie registriert bei den Mitarbeitern derartige Trigger, deren Schwächen und auch deren Stärken und lernt sie kennen. Eine gute Führungskraft vermeidet es, Mitarbeiter mit Reizpunkten und ihren Schwächen zu konfrontieren, sondern sie nutzt deren Stärken. Eine menschliche Eigenschaft, die eine Führungskraft als Schwäche bezeichnet, kann seit der Kindheit oder Jugend existieren und ist dann fest verdrahtet im Gehirn. Diese Eigenschaft kann nicht einfach abgestellt werden. Die Erwartung von Führungskräften, Mitarbeiter müssten an ihren Schwächen arbeiten, ist oftmals so unsinnig wie schadhaft und wider der Natur. Mitarbeiter mit ihren Schwächen einzusetzen, führt zu negativ bewerteten Arbeitsergebnissen und zu Frustration. Ein schlechter Mitarbeiter ist oft ein falsch eingesetzter Mitarbeiter.
Wichtige Kompetenzen von Führungskräften sind soziale Kompetenz und Empathie und das Wissen darüber, wie Menschen funktionieren, und es ist der Wille, diese Kompetenzen zum Wohle der Mitarbeiter und zum Wohle des Unternehmens einzusetzen.
Achten Sie bei Ihren Führungskräften auf die nötigen Kompetenzen, auch auf die sozialen Kompetenzen, damit sie in der Lage sind, Ihre Mitarbeiter gut zu führen.